Der Countertenor
Häufig werden mir Fragen bezüglich des Countertenors und dessen Ausbildung gestellt. Bezüglich dieses Stimmfaches bestehen viele Missverständnisse, und es gibt viele Mysterien in diesem Zusammenhang. Manche Leute halten es einfach für eine Laune der Natur, obwohl dieser Stimmtypus nichts Mysteriöses an sich hat. Das Interesse am Countertenor hat in den letzten sechs Jahren infolge einiger Weltkarrieren stark zugenommen. Kürzlich bekam ich einen Brief von einer Gesangslehrerin, die begonnen hatte, einen Countertenor auszubilden. Ihre Fragen waren sehr hilfreich. Der Sänger sang Sopran, und sie glaubte, er sänge mit der vollen Stimme. Diesbezüglich gibt es einige Fragen, die ich später beantworten werde.
Was sind die wichtigsten Merkmale des Counters? Wie geht ein Lehrer Probleme an? Warum stellen diese Probleme so große Herausforderungen dar? Sind diese Punkte physiologischer, psychologischer Natur oder gar eine Kombination aus beidem?
1 Definition: Der Countertenor
Meiner Erfahrung nach handelt es sich bei einem Counter um einen Sänger, der sein Falsett zu einer solchen Stärke ausgebildet hat, dass es ähnlich viel Kraft und Resonanz besitzt wie die Vollstimme. Häufig haben Countertenöre tiefe Männerstimmen: Bariton und Bass in der normalen Stimmfunktion. Ich habe festgestellt, dass die tieferen Männerstimmen üblicherweise (nicht immer) stärkere und schönere Falsettregister besitzen.
Durch Beobachtung erfolgreicher Countertenöre habe ich herausgefunden, dass diese Sänger häufig die Fähigkeit besitzen, einen sehr großen Atemdruck mit dem Körper zurückzuhalten; das ermöglicht dem Falsett große Stärke und einen schönen Klang mit exzellenter Beweglichkeit zu entfalten. Durch diese Beweglichkeit ist es möglich, die in der alten Musik geforderten Koloraturpassagen zu singen.
Ich erinnere mich, dass ich vor Jahren einen Counter unterrichtete und hatte die Befürchtung, dass das eine schwierige Angelegenheit werden könnte. Nach kurzer Zeit stellte ich jedoch fest, dass sich die Konzepte Lindquests ebenso auf Countertenöre anwenden ließen, und dass der Sänger sehr von den Übungen dieser alten italienischen Schule profitierte.
Ich habe verschiedene Begriffe gefunden, die für diese Stimmlage verwendet werden: Falsettist, Sopran, Contralto, Mezzo-Sopran, Mezzo-Contralto und Counter-Tenor. Ich pflege die Stimmlagenbezeichnungen wie Contralto (Alt), Mezzo und Countertenor zu benutzen, obwohl ich denke, dass der Countertenor hauptsächlich ein Falsettist ist, der nur fallweise (selten) die Vollstimme verwendet. Wie ein Mezzo-Sopran taucht auch der Countertenor nur gelegentlich in das tiefere, volle Register ein, um einen dramatischen Effekt in den tieferen Passagen einer Arie zu erzielen. Countertenöre versuchen üblicherweise, ohne die Vollstimmfunktion auszukommen, weil deren Gebrauch das Falsett zu sehr schwächt. Ich empfehle die tiefe Lage des Falsetts täglich zu trainieren, um diesen Bereich der Stimme zu stärken. Ebenso wichtig ist es, dass ein Countertenor den gelegentlichen Gebrauch der Vollstimme erlernt, um auch die tiefen Töne zu füllen; einem guten Mezzo würde ich das gleich Training empfehlen.
2 Entscheidung: Was soll ich singen?
Die Entscheidung ein Countertenor zu werden ist normalerweise eine bewusste Entscheidung. Der Sänger hat die Wahl mit seiner vollen Stimme mit dem typisch männlichen Klang als Tenor, Bariton oder Bass zu singen oder mit dem gestützten und gestärkten Falsett-Mechanismus zu singen (sehr selten wenn überhaupt gibt es auch Countertenöre, die nicht das Falsett benutzen). Manche nennen das »reine Kopfstimme«. Das gestützte Falsett ist das, was die meisten als »weiblichen Klang« wahrnehmen: Alt, Mezzo oder Sopran. Die meisten Counter können die Alt- und Mezzolage leicht singen. Jedoch strapazieren viele ihre Stimme beim Versuch in der Sopranlage zu singen. Das soll aber nicht heißen, dass es niemanden gibt, der in der Sopranlage singen kann.
Seit kurzem liegt es im Trend, sich zum Countertenor ausbilden zu lassen, insbesondere seitdem Countertenöre wie David Daniels Weltkarrieren gemacht haben. Warum? Was wirkt so anziehend? Die Antwort auf diese Fragen kann kompliziert sein. Ich denke, dass ein Countertenor eine bestimmte psychische und physische Einstellung benötigt, um die Entscheidung ein Countertenor sein zu wollen langfristig tragen zu können. Im Bereich der alten Musik gibt es ein Bedürfnis, in das Zeitalter der Kastraten »zurückzuhorchen«. Einen männlichen Alt, Mezzo oder Sopran in einem Konzert zu hören, bringt einen Schatten der Vergangenheit in unsere Zeit. So gibt es einen »eingebauten« Markt, der wiederum die zwangsläufige Erwartung als Profi Karriere zu machen nährt.
Ich erinnere mich, im Sommer 1994 David Daniels in der Glimmerglass Opera in Upstate New York gehört zu haben. Sein Auftritt war brillant, schön und extrem musikalisch. Die Stimme füllte das Opernhaus mit Leichtigkeit, weil sie den notwendigen Fokus (»Klingeln«) hatte. Einen schönen Stimmklang zu haben, ist auf dem Markt der Countertenöre ein sehr großer Vorteil. Vielen Countertenören fehlt es entweder an schönem Klang oder an Kraft in der Stimme. Häufig besitzen sie den typischen »Counter-Tenor-Klang«: den hauchigen und »hupigen« Klang, den viele von uns bereits kennen.
Wie kann ein Counter Klangschönheit und Kraft entwickeln? Ich werde mich diesem Punkt später in diesem Artikel widmen.
3 Gesellschaftliches Stigma oder Faszination
Abgesehen von den vielleicht guten Karrierechancen: Was bringt einen Sänger dazu, Countertenor werden zu wollen? Ich bin überzeugt, dass wir alle mit unserem speziellen Stimmfach emotional verbunden sind; der Countertenor bildet hierbei keine Ausnahme. Im Grunde genommen handelt es sich um einen Sänger, der sich entschieden hat, mit einem männlichen Körper einen als weiblich geltenden Klang zu erzeugen. Natürlich findet das besondere Beachtung. Es ist sicherlich dieser Aspekt, der die Zuhörer besonders fasziniert.
Und trotzdem gibt es definitiv einen bestimmten Charakter, der mit dem Countertenor verbunden ist. Häufig gelten diese Sänger als beispielhaft für sanfteres menschliches Verhalten. Viele halten dieses sanfte Verhalten eher für weiblich als für männlich. Diese Wahrnehmung beruht auf einem Mangel an Wissen und auf Vorurteilen. Hoffentlich leben wir bald in einer Welt die gegensätzliches Verhalten (männlich und weiblich) ein und derselben Person stärker akzeptiert. Entwicklungsgeschichtlich gesehen wäre das ein großer Schritt nach vorne, weg von der traditionellen gesellschaftlichen Unart von übertriebener Männlichkeit und »Macho-Gesang«.
Bis heute wird der Countertenor auf Grund von altmodischem Denken und Ignoranz häufig als feminine Person angesehen; nur wegen seines Stimmklanges. Das ist lächerliches und abwertendes Verhalten, das häufig durch religiöse Zwangsvorstellungen genährt wird. Es ist wichtig zu bedenken, dass man Objekt gesellschaftlicher Faszination sein kann; man kann aber auch einem gesellschaftlichem Stigma unterliegen, wenn man sich für dieses Stimmfach entscheidet. Ich unterstütze jeden Sänger, der sich entschieden hat, ein Counter zu werden, wenn sich das für ihn richtig anfühlt. Es wird Zeit, dass in dieser Welt alle Menschen mit ihrer Individualität akzeptiert und gefeiert werden und die rückwärtsgerichteten Glaubensgrundsätze endlich verschwinden, die mit dem Gruppenverhalten verbunden sind (Dazu vergleiche man auch Nathanael Brandens Buch »Die sechs Säulen des Selbstwertgefühls«).
4. Typische stimmliche Aspekte: Klangschönheit finden
Ich habe erlebt, wie jemand beim Abspielen der Aufnahme eines Countertenors sofort sagen konnte: »Das ist ein Countertenor!«. Das ist häufig nicht besonders schmeichelhaft zu verstehen, da häufig die Annahme zu Grunde liegt, dass der Klang hässlich oder unschön ist. Es stimmt: viele Countertenöre haben keinen schönen Stimmklang, und der vorhandene Klang ist nicht das, was ich ein vollständiges, vollendetes oder verkäufliches Produkt nenne (Ja, wir verkaufen ein Produkt!).
Was nützt einem Countertenor ein schöner Klang? Welcher Aspekt hat in der Vergangenheit gefehlt? Warum ist Klangschönheit manchmal so trügerisch?
Es ist wichtig zu definieren, wodurch genau ein unschöner Klang entsteht. Normalerweise ist er eine unmittelbare Folge eines zu hohen Atemdrucks im Kehlkopf. Einige nennen das »die Stimme überblasen«. Aber was geschieht, wenn man den Ton mit zu hohem Luftdruck erzeugt? Nach meiner Erfahrung rührt dieser »hupige« Klang von einem tief hängenden weichen Gaumen und einer zu hohen Kehlkopfposition her. Was den tief hängenden weichen Gaumen und hohen Kehlkopf hervorruft, ist das herausdrücken von zu viel Atemluft, bei dem Versuch mehr Klang zu erzeugen. Das funktioniert nicht! Dadurch entstehen Blockaden in der Stimme, die die Stimme belasten; der Sänger wird dann vergeblich versuchen einen großen und schönen Klang zu erzeugen. Das Überblasen der Stimme erzeugt einfach einen unschönen Klang unabhängig vom Stimmfach. Jedoch ist das Trademark »hupiger Klang«, das manche Countertenöre entwickelt haben, für viele die typische stimmliche Charakteristik des Countertenors. Ein Counter muss nicht zwangsläufig so klingen. Später werde ich einige praktische Hinweise geben, um diese Schwierigkeit zu überwinden.
5. Ausgeglichener Atemdruck
Warum sollte ein Countertenor mehr drücken als andere Sänger? Der psychologische Eindruck ist ein sehr großes Problem. Lindquest sagte immer, dass Sänger Probleme bekommen, wenn sie versuchen zu sehr auf ihre eigene Stimme zu hören. Damit hatte er recht und der Countertenor steht in der Gesangsarena vor einer großen Falle, weil er oft fürchtet, die Stimme könnte zu klein sein, so dass er nicht gehört wird. Der Grund dafür ist, dass es sich um einen Sänger mit einem großen Oberkörper handelt, der wiederum mit einem kleinen Mechanismus arbeiten muss. Den Atemdruck zurückzuhalten (dazu vgl. man auch die Artikel über Atemführung) ist für den Countertenor existentiell, weil der Unterschied zwischen der Körperkraft und der Kraft des Mechanismus sehr groß ist. Das muss durch das »Trinke die Stimme« Konzept überwunden werden. Man darf nicht hart auf die Stimme drücken. Glauben sie mir, das ist nicht einfach zu erreichen. Häufig drücken Countertenöre, um gehört zu werden aus lauter Verzweiflung sehr stark auf ihre Stimmen. Wie kann man das Problem lösen?
OK, lass uns ein einfaches und praktisches Konzept betrachten, das dem Countertenor helfen wird, einen nicht gedrückten und schönen Klang zu erzeugen. Allein das Zurückhalten des Atemdrucks mit dem Körper ist schon ein großer Schritt nach vorn. Das erreicht man durch die Zwischenrippenmuskeln und die Brustmuskulatur, die den Brustkorb aufgerichtet halten und das Brustbein öffnen; die Gesäßmuskulatur und die Muskulatur des unteren Rückens kontrollieren die langsame Aufwärtsbewegung des Zwerchfells; die gerade und schräge Bauchmuskulatur arbeiten miteinander, um den langsamen regulierten Luftstrom zu kontrollieren.
5.1. Übung 1
Suche dir eine flache Stelle an einer Wand oder Tür. Stelle dich mit dem Rücken an die Wand. Die Füße könne ein wenig entfernt von der Wand stehen. Die untere Krümmung des Rückens muss an die Wand gedrückt werden. Atme ein und mache dann ein zischendes Gräusch. Achte darauf, wie die Solarplexusregion sich bewegt und sich die unteren Bauchmuskeln langsam nach innen, oben bewegen, um den Atem zu steuern, während die untere Rückenmuskulatur sich in die Wand drückt.
5.2 Übung 2
Setze dich auf die Stuhlkante und lehne dich von den Hüftgelenken ab leicht nach vorne. Atme vollständig aus, indem du die untere Bauchmuskulatur nach innen und oben ziehst. Halte den Atem so für einige Sekunden an, bis der Körper unbedingt wieder einatmen muss (Lufthungergefühl). Die neue Atemluft strömt herein und du spürst einen exzellenten tiefen Atem. Mache dann ein zischendes Geräusch, um das zu erreichen, was Ernestine Schumann-Heink das »Einteilen des Atems« oder das langsame kontrollierte Ausströmen der Luft nannte. Dadurch wirst du ein Gefühl dafür bekommen, wie es sich anfühlt, wenn die Luft langsam und kontrolliert strömt.
Atemkontrolle allein löst das Problem des unschönen Stimmklangs allerdings nicht. Der fehlende Teil ist nicht nur ein hoher weicher Gaumen und eine tiefere Kehlkopfposition, sondern auch die Position der Zunge. Ist die Zunge in der ng-Position trainiert, kann man die Nasenresonanz spüren, die viele hohe Obertöne in den Stimmklang bringt. Ohne diese hohen Obertöne kann ein Countertenor (jede andere Stimme auch) hupig und gedrückt klingen. Das ist ein hässlicher Klang.
Die Lösung für dieses Problem ist einfach. Übe die ng-Position als Grundstellung für die Zunge bei der Artikulation von Text. Natürlich muss sich die Zunge frei bewegen können. Jedoch sollte sie nach jedem Konsonanten in die ng-Position zurückkehren. Bald wird man hohe Obertöne in der Stimme wahrnehmen können, und sie wird sofort einen schöneren Klang bekommen. Nebenbemerkung: Wird der Atemdruck nicht mehr geführt, zieht sich die Zunge wieder nach hinten und löst einen Würgereflex aus. Damit geht die Schönheit wieder verloren. Es ist wichtig, dass die Zunge sich frei anfühlt, und dass man die Atemluft tief im Körper spürt. Mit der richtigen Atemkontrolle kann man die Position der Zunge kontrollieren, ohne dass der Würgereflex die Schöheit des Klanges stört.
6 Repertoirebeschränkungen für eine professionelle Karriere
Ich habe bereits über die Beziehungen des Countertenors zur alten Musik gesprochen. Ein Sänger muss sich darüber im Klaren sein, dass er Beschränkungen bezüglich des Repertoires unterliegt, wenn er sich entscheidet ein Countertenor zu werden. Bach und Händel haben sehr viel Musik geschrieben. Ich hoffe, dass jeder, der ein Countertenor werden möchte, diese beiden Komponisten wirklich liebt. Von diesen Komponisten gibt es auf jeden Fall sehr viel Repertoire für Sänger, und es gibt noch ältere Musik, die Sänger studieren können. Trotzdem ist es nur realistisch zu erwähnen, dass der Countertenor hauptsächlich alte Musik aufführen wird. Das wird sein Hauptrepertoire für öffentliche Auftritte sein. Ich würde es begrüßen, wenn den Countertenören mehr Möglichkeiten offen stünden, aber die Erwartung der Zuhörer ist, dass er Bach, Händel und andere alte Musik aufführt. Deshalb empfehlte ich jedem Countertenor, die barocke Verziehrungspraxis sehr detailliert zu studieren. Es ist zwingend notwendig, dass er ein Barockspezialist wird.
7 Das untere Passaggio
Ich empfehle jedem Leser auch den Artikel über das untere Passaggio der Frauen zu lesen. Ich definiere dort eindeutig, wie man im unteren Kopfstimm- und oberen Brustregister singen sollte. Es versteht sich von selbst, dass Countertenöre nicht zu viel Brust- (Voll-)Stimme benutzen sollten. Das Singen mit der tieferen Kopfstimme mit schmaler oder ovaler Mundöffnung begünstigt, dass der weiche Gaumen hoch und der Kehlkopf tief bleibt.
Warum haben viele Mezzi und Countertenöre Probleme mit dem unteren Passaggio? Warum gehen die Stimmbänder auseinander? Eine einfache Antwort auf diese Fragen: Die Sänger drücken ihren Kehlkopf nach oben, um den eigenen Klang besser wahrnehmen zu können. Hier verweise ich wieder auf Alan Lindquests Unterricht und sein ständiges Erinnern, nicht auf die eigene Stimme zu hören. Wenn der Kehlkopf im unteren Passaggio hochsteht, hört man innerlich viel mehr seines eigenen Klanges. Ich empfehle das Üben aufzunehmen, um zu lernen, um unteren Passaggio nicht zu drücken Dazu empfehle ich die folgenden Übungen:
7.1 Übung 1
Singe eine Fünftonskala wie folgt: Beginne in F-Dur startend auf dem C und singe abwärts.
5 4 3 2 1 2 3 4 5 4 3 2 1 aw__o___u___o___aw__o___u Bei dem »aw« handelt es sich um das offene »O«. Das »u« auf dem tiefen Ton hilft, den Kehlkopf in der tiefen Position zu belassen und den weichen Gaumen oben. Stelle sicher, dass der weiche Gaumen über dem Vokal hoch und weit gedehnt ist, um das Klingeln im »u« zu erhalten.
7.2 Übung 2
Singe wieder eine absteigende Fünftonskala: Beginne wieder in F-Dur mit C als Startton und singe abwärts bis C oder B-Dur.
5 4 3 2 1 2 3 4 5 4 3 2 1 ah__aw__o___aw__ah__o___aw Behalte das Geühl des »u« auch im »o«.
Die Siebervokalisen für Mezzo oder Alt: Das sind Übungen für den Registerausgleich. Die Vokale und Konsonanten sind so angeordnet, dass man Stimmschönheit und Kontrolle erlernt.
Die Siebervokalisen werden das untere Passaggio ausgleichen und mehr hohe Obertöne (Klingeln) im unteren Bereich der Kopfstimme fördern. Es ist auch zulässig leicht in das Brustregister »einzutauchen« und dann wieder mit hohem weichen Gaumen herauszukommen. Beachte, dass die Zunge in der ng-Position verbleibt und der Zungengrund weit ist. Der Unterkiefer muss nach hinten-unten hängen. In diesem Register sollte der Mund nicht zu weit geöffnet werden. Dadurch bleibt der weiche Gaumen oben.
7.3. Übung 3
oct. 5 3 1 3 5 oct. 5 3 1 ng....................... Beginne diese Übung bei etwa B-Dur. Stelle sicher, dass der weiche Gaumen hoch und weit gedehnt ist. Verringere den Atemdruck, wenn du zum Registerübergang zwischen der tiefen Kopfstimme und der hohen Bruststimme kommst. Der Countertenor muss das Brustregister (Vollstimme) sehr stark »aufhellen«, damit diese Register zum oberen Register passt.
8 Fallstudie
Kürzlich habe ich in San Francisco einen Countertenor unterrichtet. Es hat Spaß gemacht. Mit ihm konnte man gut arbeiten, weil er eine wunderbar positive Einstellung hatte. Er hat sein Ego vergessen und hat sich voll und ganz dem Lernen gewidmet (Ego und Arroganz behindern den Lernprozess). Diese beiden vergifteten Emotionen haben nichts mit Kreativität oder innerem Wachstum zu tun.
Dieser Sänger hatte bei einem Lehrer studiert, der ihn ermutigt hatte, beide Stimmfunktionen die normale Männerstimme und das Falsett zu trainieren. Das Problem diese Ausbildung ist, dass das Falsett normalerweise sowieso schwächer ist und die Vollstimme zur Schwächung des Falsettmechanismus beiträgt. Ich fragte diesen jungen Mann, was er singen wollte. Er sagte, dass er sich besonders für das Singen im hohen Falsettbereich interessierte. So haben wir uns auf die Arbeit am Falsett konzentriert, und am Ende der ersten Stunde konnte er einen viel volleren Klang im Falsett erzeugen.
Es war ziemlich einfach; wir benutzten die Lindquest-Vokalisen ausschließlich im Falsett, dadurch wurde dieser Mechanismus gestärkt, weil die Stimmbänder besser schlossen. Wir arbeiteten vorsichtig mit Garcias »Coup de Glotte« Übungen, und er fand einen soliden Stimmklang ohne Hauchigkeit. Das Ergebnis nach nur einer Stunde war erstaunlich. Das ist wieder einmal ein Beweis dafür, dass die Übungen Lindquests bei jedem Stimmtypus binnen kürzester Zeit positive Ergebnisse hervorrufen.
9 Schlussgedanke
Wenn du ein Countertenor bist, erreichst du gute stimmliche Ergebnisse nur durch regelmäßiges gesundes Singen (tiefer Kehlkopf, hoher und weit gedehnter weicher Gaumen mit nach vorne gerichteter gewölbter Zunge). Noch einmal Bezug nehmend auf Persönlichkeit und Stimmkategorie braucht es einen Sänger mit Bestimmung, Liebe zur Musik, Disziplin und wirklichen Stolz auf seine Arbeit (nicht Arroganz oder falsches Ego), um den schönen Countertenor Gesang zu erlernen. Eine Begabung ist nur eine Begabung, nichts Übernatürliches. Sie ist nicht mystisch. Sei dankbar für diese Gabe, nähre sie täglich mit einem positiven Geühl für das Ziel. Du wirst Bereicherung und Erfüllung finden, wenn du die wirkliche Kunst findest und deine Gabe mit anderen teilst. Aber das ist der Zweck jedes Singens.
Fragen richten Sie bitte an Christian Halseband, mail@gesanglehrer.de (auf deutsch oder englisch) oder an David L. Jones, jones@voiceteacher.com (auf englisch).
Alle Rechte am Text vorbehalten David L. Jones © 2000 http://www.voiceteacher.com/
Autorisierte Übersetzung von Christian Halseband © 2003 https://gesanglehrer.de/wp/